Tim Stübane Horizont

Die Corona-Pandemie hat die Agenda monatelang bestimmt, doch seitdem sich die Situation wieder etwas entspannt, rückt das Thema Klimaschutz wieder in den Fokus. Dass die Zeit drängt, zeigt die Flutkatastrophe und die jüngsten Hitzewellen. In vielen Unternehmen findet bereits ein Umdenken statt. Tim Stübane, ab sofort einer der Talking Heads von HORIZONT, erklärt in seiner ersten Kolumne, was das Comeback des Themas Klimaschutz für Unternehmen bedeutet und wie Agenturen ihre Kunden dabei unterstützen können.

Wir können wieder reisen, wieder Restaurants besuchen, Menschen treffen. Es sei uns gegönnt – als kurzes sommerliches Aufatmen. Denn da war doch noch was? Der Klimawandel! Dieses Thema holt uns nach einer kurzen medialen Verschnaufpause plötzlich wieder ein. Beschleuniger sind dieHitzewellen in Kanada und den USA und vor allem die furchtbare Flutkatastrophe hierzulande.

Dabei lief auf der Klimaschutzbühne ohnehin ein Gänsehautprogramm weiter!

  • Die USA kehren unter Joe Biden ins Pariser Klimaschutzabkommen zurück und ziehen selbst China und Russland mit sich.
  • Das Bundesverfassungsgericht fällt ein spektakuläres Urteil: Der Staat muss künftigeGenerationen vor dem Klimawandel schützen und darf Lasten nicht auf zukünftige Generationen verschieben. „Weiter so!“ geht nicht mehr. Heißt: die bundesdeutsche Politikmuss ihre Gesetze bis 2022 nachbessern und die Wirtschaft deutlich schneller CO2 sparen als geplant.
  • Und: 17.000 Klimaschützer bezwingen in Den Haag Europas größten Ölkonzern Shell. Wird dasUrteil rechtskräftig, muss Shell bis 2030 seine Emissionen um 45 Prozent (!) reduzieren. Und nicht nur die eigenen, sondern auch die seiner Kunden wie Airlines, Tankstellen & Co..
  • Und weiter: die EU-Kommission stellte jüngst in Brüssel einen ambitionierten, umfassenden Umbau der europäischen Wirtschaft hin zu mehr Klimaschutz vor.
  • Aber auch Investoren setzen Unternehmen massiv unter Druck: Larry Fink, CEO von Blackrock, dem weltgrößten Vermögensverwalter, zwingt Konzerne zu Klimaneutralität. Denn, so Fink,Klimarisiken seien Investmentrisiken.

All das macht deutlich, dass ein radikales Umdenken stattfindet – in der Gesellschaft, bei Investoren und Regulatoren. Unternehmen muss zunehmend klar werden, dass sie nicht mehr damit durchkommen werden, die Umwelt mit Füßen zu treten. Business as usual wird nicht mehrakzeptiert.

Was bedeutet das für Unternehmen und ihre Marken?

Unternehmen stehen unter massivem Wandlungsdruck. Viele werden ihre Geschäftsmodelle transformieren müssen. Unternehmen und ihre Marken müssen eine andere Haltung zur Welt entwickeln und danach handeln. Sie müssen Rechenschaft über ihr Verhalten ablegen. Und zwar öffentlich, um auch nur dem Verdacht auszuweichen, sie würden nichts oder zu wenig für dieUmwelt tun.

Konsument:innen haben sich auf den Weg gemacht. Durch Corona überdenken viele ihren Lebensstil und konsumieren kritischer. Laut IFH-Studie haben bereits 80 Prozent bewusst auf etwas verzichtet, für knapp die Hälfte von ihnen ist ein nachhaltigerer Lebensstil ausschlaggebend. Von Markenerwarten diese Menschen ebenfalls gewissenhaftes, entschlossenes Handeln. Dabei, so die Studie Better Brands 2021, wird Marken sogar noch mehr Verantwortung zugeschrieben als Wissenschaft und Forschung.

Gleichzeitig vermissen Konsument:innen echte Marken-Vorbilder. Einige Studien, best4planning oder auch Meaningful Brands, attestieren Marken eine extreme Austauschbarkeit. Sie sind schlicht verzichtbar, je nach Studie die Hälfte oder sogar drei Viertel aller Marken. Aktuell wird, lt. BetterBrands, keine Branche den hohen Ansprüchen der Konsument:innen gerecht. Dabei handelt es sich entgegen der gängigen Erwartung nicht nur um Millennials, sondern auch um ältere Generationen.